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“Highway to Hell” und das Hackbrett – wie passt das zusammen?

Für Komalé Akakpo sehr gut. Er ist einer von wenigen professionellen Hackbrett-Spielern in Deutschland. Seine Konzerte haben ihn in die ganze Welt geführt, heute ist er in Türkenfeld daheim und will seine Begeisterung für die Musik weitergeben.

Das Publikum ist begeistert: Komalé Akakpo steht auf der Bühne und trommelt mit den Klöppeln in einer Wahnsinnsgeschwindigkeit auf die Saiten des Hackbretts – mal mit beiden Händen gleichzeitig, mal abwechselnd. Manchmal nutzt er auch seine Finger, um mehrere Saiten auf einmal anzuzupfen. Sein Körper wippt zum Rhythmus der Musik. Was dabei zu hören ist, ist ein Stück, das man von einem Hackbrett so nicht erwarten würde: Highway to Hell von AC/DC.

Als Komalé Akakpo sieben Jahre alt war, kam er das erste Mal mit dem Instrument in Berührung, das sein weiteres Leben bestimmen sollte. Seine Lehrerin hatte ein Hackbrett in der Schule dabei, doch er nahm es nur am Rande wahr. Es dauerte noch sieben Jahre, bis der Funke übersprang: Im Radio bei den Bayern 1 „Schmankerln“ hörte Komalé den Musiker Rudi Zapf und dessen ungewöhnlichen Sound – und dachte sich: „Wow, klingen wie Brian May von Queen und das mit dem Hackbrett – das will ich auch!“

Heute ist der 40-Jährige einer der wenigen professionellen Hackbrettspieler Deutschlands. Vorgezeichnet war dieser Weg nicht unbedingt. Zwar sei in seiner Familie gern gesungen worden, sagt Akakpo, aber professionelle Musiker sind seine Eltern nicht. Trotzdem wusste der junge Komalé sehr genau, was er will: Er nimmt Hackbrett- und Gitarrenunterricht an der Musikschule Königsbrunn, auch nach den Stunden übt er weiter, hört sich Stücke an und spielt sie nach Gehör. Die Musik wird sein Lebensinhalt. Es reift der Wunsch in ihm, Hackbrett an der Musikhochschule in München zu studieren, und seine Eltern unterstützen ihn dabei.

Für Komalé Akakpo bedeutet das auch, die zwei Kulturen seiner Familie – sein Vater kommt aus Togo, seine Mutter ist Deutsche – zu vereinen: „Das Hackbrett ist die perfekte Kombination aus Trommelbewegungen und europäischen Melodien. Weil man es im Stehen spielt, kann ich den afrikanischen Rhythmus, den man mir nachsagt, dabei richtig ausleben“, erklärt Akakpo lächelnd. Darüber hinaus schätzt er an seinem Instrument neben dem Klang, dass er Entdecker sein und ständig Neues ausprobieren kann: „Das Hackbrett umfasst nicht nur einen großen Tonumfang, sondern eignet sich auch für viele verschiedene Stilrichtungen“, so Akakpo. „Mein Ziel war es nie, nur Volksmusik zu spielen. Stattdessen haben mich Jazz, Klassik und auch Pop und Rock viel mehr begeistert.“

Vorbilder waren für ihn somit stets Musiker, die das Hackbrett breit interpretierten und für verschiedene Stilrichtungen nutzten. So lernte er auch Jörg Lanzinger kennen, einen bayerischen Musiker, Musikpädagogen und Komponisten, der ebenfalls gerne ausprobiert und zum Beispiel den spaßigen „Ketchup-Song“ mal eben für ein Hackbrett-Ensemble umschrieb. Gemeinsam mit Hannes Mühlfriedel bilden Akakpo und Lanzinger heute das bekannte „Lanzinger Trio“, das die typischen Klänge von Zither, Hackbrett und Gitarre mit anderen Einflüssen mischt und so „für frischen Wind in der guten Volksmusik-Stube“ sorgt, wie sie selbst schreiben. Mit Humor, Spielfreude und Virtuosität haben sie sich einen Namen gemacht, mehrere CDs herausgegeben und auch Preise gewonnen.

 

Das Lanzinger Trio beim Auftritt: (v.l.) Hannes Mühlfriedel, Komalé Akakpo, Jörg Lanzinger

Mit dem Lanzinger Trio ist Komalé Akakpo viel im bayerisch-schwäbischen Raum unterwegs. Doch seine Konzerte haben ihn schon in die Welt hinausgeführt. Ein besonderer Höhepunkt war ein Solo-Konzert in der Nationalphilharmonie Warschau. Mit den Münchner Symphonikern ging Akakpo mit der Filmmusik von „Herr der Ringe“ auf Tournee, die ihn bis in ein großes Eishockey-Stadion in Las Vegas führte – auch wenn sein Hackbrett in der Musik des kanadischen Komponisten Howard Shore nur in einer kurzen Sequenz vorkommt. „Da war ich ein winziges Rädchen in einem gigantischen Orchester. Ich musste mir Mühe geben, beim Warten auf meinen Einsatz nicht einzuschlafen“, erinnert sich Akakpo schmunzelnd.

Bis zu 100 Konzerte hat Komalé Akakpo in seinen Hochphasen im Jahr gespielt, heute sind es, so schätzt er, noch 30 bis 40. Diese kombiniert er mit einer Anstellung als Musikplaner bei Bayern 2 und als Gitarrenlehrer an einer Fachakademie für Erzieherinnen und Erzieher in Harlaching. Zudem hat er einen Verlag für Hackbrettliteratur mit Sitz in Türkenfeld gegründet, um die Musik für mehr Menschen zugänglich zu machen. Seine freie Zeit widmet er der Familie. Mit seiner Partnerin Stefanie Böhm, die ebenfalls Musikerin ist, und dem vierjährigen Sohn Simeon ist er vor zwei Jahren nach Türkenfeld gezogen. An der mehrspurigen Straße in der Nähe des Münchner Ostbahnhofs wollten sie schon länger nicht mehr wohnen. Es zog sie aufs Land und in Türkenfeld sind sie – auf halber Strecke zwischen Simeons Großeltern – fündig geworden. Im Ort fühlen sie sich bereits sehr wohl und engagieren sich unter anderem beim Carsharing-Verein, am Naschgarten und beim Kinderturnen.

Langweilig wird es Komalé Akakpo somit nicht. „Kein Tag schaut aus wie der andere“, stellt er lachend fest. Und Ideen hat er noch viele. Er möchte seine Leidenschaft für die Musik zum Beispiel auch den Türkenfelderinnen und Türkenfeldern vermitteln. „Ich finde es nett, wie offen die Menschen im Ort sind. Deshalb möchten wir uns gerne auch am Gemeindeleben beteiligen.“ Er ist bereits am Handwerkermarkt und bei der Bergweihnacht aufgetreten. Im Oktober 2023 hatte er sein Konzertdebüt im Linsenmannsaal. „Es hat mich sehr gefreut, dass die Leute im Ort, die ich schon kennengelernt habe, gekommen sind und Interesse gezeigt haben“, sagt er.

Außerdem hat er zusammen mit Max Rügamer die Aktion „Mach ma Musi“ ins Leben gerufen, bei der Groß und Klein eingeladen sind, ungezwungen zusammen zu singen (siehe Interview auf Seite 6). Damit hat er sich einen Traum verwirklicht. „Die Idee hatte ich schon lange, aber in München waren die Hürden groß. Hier in Türkenfeld haben wir sofort einen Raum bekommen und konnten loslegen. Jetzt müssen nur noch möglichst viele Türkenfelderinnen und Türkenfelder zum Singen vorbeikommen.“ Auch eine bayerische Singstunde könnte er sich vorstellen, bei der jeder mitmachen kann. Gelegenheiten, Komalé Akakpo und sein Hackbrett kennenzulernen, wird es also noch viele geben. Denn die Möglichkeiten, mit seinem Hackbrett Neues auszuprobieren, die gehen ihm so schnell nicht aus.

(v.l.n.r.): Konzerthackbrett, Salterio (Barockhackbrett), Tenorhack- brett, vorne: Dulce Melos (Mittelalterhackbrett)

Das Hackbrett
Das Hackbrett ist vor allem als Volksmusikinstrument bekannt, seine Geschichte ist aber lang und vielfältig. Schon namhafte Komponisten wie Antonio Vivaldi und Giovanni Battista Martini setzten es in ihren Werken ein. Und auch in der modernen Musik findet man es unter anderem in Liedern der Rolling Stones („Lady Jane“), Coldplay („Life In Technicolor“) und der Filmmusik von „Herr der Ringe“.
Das Hackbrett ist ein Saiteninstrument, das mit hölzernen Klöppeln angeschlagen wird. Zwischen Nordamerika, West- und Osteuropa, dem Mittleren und dem Fernen Osten sind regional unterschiedliche Formen von Hackbrettern verbreitet. Vor rund 1000 Jahren begann seine Geschichte in Persien mit dem „Santur“. Ab der Barockzeit war das Hackbrett auch in fast ganz Europa vertreten. Die Schweizer gaben ihm 1467 seinen Namen, andernorts heißt es Salterio oder Tympanon. In Italien und Spanien, den Zentren des damaligen Hackbrettspiels, wurde das Instrument in Singspielen, Oratorien und Konzerten verwendet.
Im deutschsprachigen Raum ist das Hackbrett seit den 1930er Jahren wieder verstärkt im Kommen. In den 1970er Jahren gab Karl-Heinz Schickhaus erstmals klassische und Neue Musik für Hackbrett heraus und etablierte das Instrument damit auch am Münchner Konservatorium. Seitdem findet das Hackbrett immer mehr Verwendung in den Werken zeitgenössischer Komponisten sowie in Popular- und Filmmusik. Dazu trägt auch die Weiterentwicklung des Hackbretts durch Spieler und Instrumentenbauer bei. Die Ausbildung professioneller Spieler und Lehrer erfolgt an der Musikhochschule München sowie an den Konservatorien in Salzburg, Innsbruck, Klagenfurt, Linz und Graz.
Komalé Akakpo stellt allerdings fest, dass das Interesse am Hackbrett in den letzten Jahren eher wieder nachgelassen hat: „Momentan ist vor allem die Blasmusik angesagt, die macht einfach mehr Eindruck. Die Schülerzahlen beim Hackbrett nehmen leider ab.“ Er hält mit seiner modernen Interpretation des Hackbretts dagegen und will das Instrument durch seine Konzerte weiter bekannt machen.

Videos von Komalé Akakpo und dem Lanzinger Trio

Corinna Korn
Erschienen in der Frühjahrsausgabe 2024 – TiB Nummer 42, Seite 2