Was macht eigentlich einen Ort attraktiv? Warum zieht ein Platz, ein Haus, ein Vorgarten, eine Tür, ein Fenster spontan unseren Blick an? Warum empfinden wir etwas spontan als stimmig, anderes spricht uns überhaupt nicht an oder stößt uns sogar ab?
Abgesehen vom individuellen Geschmack, über den sich bekanntlich streiten lässt, scheint es etwas zu geben, was in Menschen etwas anrührt, so dass sie es intuitiv als positiv wahrnehmen. Oft ist es bei Gebäuden die schlichte und klare Architektur, die Anordnung der Baukörper zueinander, das verwendete Material. Auch das Zusammenspiel von unterschiedlichen Dingen spielt eine Rolle: Fenster und Farben setzen Akzente, Proportionen sind stimmig, freie und bebaute Flächen wechseln sich ab, im Garten gibt es eine Ecke, in der die Natur Natur sein darf. Sind viele solcher Eigenschaften vorhanden, bekommen Häuser und in Summe auch ein Dorf Charakter und Identität.
Auf der Suche nach der Baukultur
Die Frage, in welchen Gebäuden Türkenfelds Identität sichtbar wird, ist alles andere als einfach zu beantworten. Denn was genau sind die Charakteristika? Sind es die ehemaligen kleinen und großen Bauernhöfe, die noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein den Kernort und die Ortsteile geprägt hatten? Sind es die kleinen Siedlungshäuser, die nach dem 2. Weltkrieg in den Fünfziger- und Sechzigerjahren durch den enormen Zuwachs an Vertriebenen entstanden sind? Oder sind es zeitgenössische Gebäude, die im Laufe der letzten Jahrzehnte in neuen Baugebieten und im Zentrum errichtet wurden?
Wer auf der Suche nach Antworten auf diese Fragen einen Spaziergang durch den Ort unternimmt, wird als erstes feststellen, einer reicht nicht aus. Es braucht viele solcher Erkundungsgänge. Einerseits weil man seinen Blick erst schärfen muss für die Details, andererseits weil charakteristische Beispiele gar nicht mehr so häufig sind. Siedlungshäuser zum Beispiel drohen zu verschwinden. Die früher großzügigeren Grundstücke sind begehrt und bieten sich geradezu an fürs Nachverdichten mit überwiegend funktionalen Neubauten. Ehemaligen Bauernhäusern droht das gleiche Schicksal. Abreißen und Neubauen scheint attraktiver zu sein als zu renovieren, umzubauen und landwirtschaftliche Wohnhäuser und Nebengebäude alternativ zu nutzen. Noch sind in Türkenfeld im öffentlichen wie im privaten Raum baukulturelle Besonderheiten zu finden. Unser Fuggerschloss, über dessen Bemalung im Gemeinderat m Oktober diskutiert wurde, und das Linsenmannhaus gehören natürlich dazu. Auf das ehemalige Thienel-Anwesen an der Duringstraße darf man nach seiner Renovierung schon gespannt sein.
Die alte Schmiede am Weiher wird in Bälde umgenutzt. Einige andere, vorwiegend private Häuser und Höfe wurden bereits vor Jahren mit Fingerspitzengefühl renoviert. Sie gehören zu jenen Gebäuden, die den Blick der Spaziergänger regelrecht auf sich ziehen. Wieder andere sind selbst im maroden Zustand noch einzigartig wie das verspielte Salettl, das bei der Sanierung des Dorfzentrums neben dem Pfarrhof wieder zum Vorschein kam. Bei manch anderem Haus und Hof bleibt die bange Frage, was
wohl in Zukunft daraus wird.
Auftakt mit 13 Beispielen
Unsere Bilder belegen, dass es die großen und kleinen Schätze bei uns im Dorf noch gibt. Die Auswahl ist natürlich subjektiv, über Geschmack lässt sich ja – siehe oben – streiten. Sie ist auch keinesfalls vollständig, dazu reicht eine einzige TiB nicht. Deshalb wollen wir die Serie in weiteren Ausgaben fortsetzen.
Gerne auch mit Motiven, die Sie beisteuern. Was zum Beispiel sind Ihre Lieblingsgebäude, was erscheint Ihnen als besonders ortstypisch? Melden Sie sich und schicken Sie uns Ihre Bilder an
tib@buergerverein-tuerkenfeld.de.
Erste Interessenten für eine Arbeitsgruppe, die sich näher mit „Türkenfelds Baukultur und Ortsbild“ beschäftigen will, gibt es übrigens auch schon. Wer noch mitmachen möchte, ist herzlich willkommen. Melden Sie sich einfach per Mail bei vorstand@buergerverein-tuerkenfeld.de.
Gerhard Meißner
Erschienen in der TiB Nr. 38, Winter 2022, Seite 22 – 24