Landfrau in Türkenfeld
Das Bild der Bäuerin hat sich in den letzten 60 Jahren deutlich gewandelt. Anfang der 60er Jahre war Türkenfeld noch deutlich ländlicher geprägt mit über 50 Milchviehbetrieben und entsprechend vielen Bauern und Bäuerinnen im Ort. Gelegenheit zum Austausch gab es täglich beim Abliefern der Milch an der Milchsammelstelle auf dem Linsenmann-Anwesen, die morgens und abends jeweils für eine Stunde geöffnet war, sieben Tage die Woche. Die Bäuerinnen begegneten sich auch regelmäßig an der Gemeinschaftsgefrieranlage, wo sie sich über ihren Alltag unterhalten konnten. Neben dem Haushalt mit entsprechender Vorratswirtschaft der eigenen Produkte, dem Garten und der Mithilfe bei der Feldarbeit waren damals das Melken und die Hühnerhaltung die Hauptaufgaben der Bäuerinnen.
Heute gibt es in Türkenfeld nur noch knapp 20 landwirtschaftliche Betriebe, zwei davon mit Milchviehhaltung. Die Bäuerinnen sind eine verschwindend kleine Gruppe in Türkenfeld. Wie sehen sie ihre Arbeit und wie geht es ihnen mit ihrem Beruf in einem Umfeld, das nicht mehr typisch landwirtschaftlich geprägt ist? Wir von der TIB haben zwei von ihnen zu ihrem Alltag befragt.
Silvia Klaß
Schon als Kind hatte sie, angeregt durch Ferienaufenthalte auf dem Bauernhof ihrer Großeltern, den Wunsch, Bäuerin zu werden. Dieser Wunsch ging für sie nach Realschulabschluss und Ausbildung in Erfüllung, als sie 1997 ihren jetzigen Mann Michael heiratete, der von seinen Eltern den Milchviehbetrieb übernahm. Vieles was sie nun beim Umlernen auf ihren neuen Beruf im Stall können musste, zeigte ihr mit viel Geduld und Einfühlungsvermögen ihr Schwiegervater. 2011 verkauften sie die letzte Kuh und bewirtschaften seither einen viehlosen Betrieb. Die Feldarbeit erledigen weitgehend ihr Mann und der älteste Sohn. Silvia Klaß kümmert sich um den Garten, den Haushalt und die Büroarbeit für den Betrieb. Seit einigen Jahren ist sie Ortsbäuerin von Türkenfeld im Rahmen des Bauernverbands. In dieser Funktion hält sie den Kontakt zu den anderen Bäuerinnen in Türkenfeld und besucht regelmäßig Treffen auf Landkreisebene, wo sie Informationen über neue Bestimmungen für die Landwirte bekommt und sich bei gemeinsamen Aktionen für die Öffentlichkeitsarbeit einbringt.
An ihrem Beruf schätzt sie auch nach vielen Jahren die Vielseitigkeit der Aufgaben, den Umgang mit den Tieren, weshalb sie sich zwei Ziegenböcke halten aus Nostalgie, und den täglichen Kontakt zur Natur, der sie die Bodenständigkeit nicht vergessen lässt. Zeit für Urlaubsreisen findet sich in so einem Betrieb nicht oder höchstens mal für zwei oder drei Tage aus einem besonderen Anlass, wie ihrem 50. Geburtstag, und dann nicht weit weg, damit man im Notfall schnell wieder zu Hause ist.
Sorgen machen ihr die niedrigen Preise, die sie als Erzeuger für ihre Produkte erhalten. Ihr Mann musste immer nebenher einer Erwerbstätigkeit nachgehen, weil sie von dem Betrieb nicht hätten leben können. Wegen der niedrigen Erzeugerpreise haben sie 2011 die unrentable Milchviehhaltung aufgegeben, denn das finanzielle Risiko einer Modernisierung erschien ihnen zu unsicher. Hinsichtlich der Veränderungen, die der Klimawandel für die Landwirtschaft bringen wird, ist sie zuversichtlich, dass ihr Betrieb anpassungsfähig ist. Hier sind sie offen dafür, ihre Felder anders zu bepflanzen. Erste Versuche mit Soja planen sie schon.
Da die Arbeit der Landwirte stets für alle sichtbar ist, sind sie auch ständig von allen Seiten der Kritik ausgesetzt. Hier würde sie sich wünschen, dass sich die Menschen besser informieren oder nachfragen, bevor sie kritisieren. Die Landwirte müssen sich ohnehin an viele Vorschriften halten, die für sie gelten. Grundsätzlich würde sie sich mehr Aufklärung über Landwirtschaft, auch schon in den Schulen, wünschen, damit die Landwirte mehr Wertschätzung erfahren. Denn schließlich sind alle bei ihrer täglichen Ernährung auf deren Arbeit angewiesen.
Marianne Glas
Die gelernte Einzelhandelskauffrau und Hauswirtschafterin stammt selbst aus einer Nebenerwerbslandwirtschaft und wurde 1990 durch Heirat mit ihrem Mann Norbert zur Bäuerin in Burgholz. Um für den neuen Beruf besser qualifiziert zu sein, ließ sie sich zur Agrarbürofachkraft ausbilden. Sie, ihr Mann und ihre Kinder bewirtschaften einen von zwei landwirtschaftlichen Betrieben, die in Türkenfeld noch Milchkühe halten. Um die Feldarbeit und das Melken der 40 Kühe kümmern sich weitgehend ihr Mann und die Söhne. Sie versorgt neben dem Haushalt und der Gartenarbeit die Kälber und die 40 Hühner. Außerdem achtet sie auf die Gesundheit der Tiere mit Hilfe von Naturheilmitteln. Seit ihr Mann 2006 zusätzlich eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hat, hält sie tagsüber die Stellung auf dem Hof und sieht nach dem Rechten.
An ihrem Beruf schätzt sie die Vielseitigkeit, die Arbeit an der frischen Luft und den Umgang mit der Natur. Freude hat sie an den Tieren, die sie alle individuell kennt, einschließlich einem Jungstier und den Hühnern besonders hübscher Rassen. Als großen Vorteil sieht sie, dass durch die Arbeit auf dem Hof immer beide Eltern für die Kinder präsent waren und die Familie im Alltag die meiste Zeit zusammen war. Sie ist froh, dass sie Beruf und Privatleben unter einem Dach vereint hat.
Sorgen macht ihr, ob es sinnvoll ist, den Hof an die Kinder weiterzugeben. Denn die Preise, die sie für ihre Produkte erhalten, sind viel zu gering für die Arbeit, die sie dafür investieren. Dagegen ist die Anschaffung neuer Maschinen enorm teuer. Als lästig empfindet sie die überbordende Bürokratie und Dokumentation, die von Landwirten verlangt wird. Dennoch möchte sie ihren Beruf nicht tauschen, denn er gibt ihr und ihrem Mann die Möglichkeit, nach ihrer Philosophie zu wirtschaften. Und das heißt für sie: eine überschaubare Größe des Betriebs, die Ernährung der Tiere von dem, was auf ihren Feldern wächst, kein Zukauf von Futtermitteln, die zum Teil von weit her transportiert werden.
Irmgard Meißner
Erschienen in der Winterausgabe 2023 – TiB Nummer 41, Seite 2